Visionär und Wohltäter |
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Hans
Glas, Ehrenbürger von Pilsting und Dingolfing, wäre am Freitag
130 Jahre alt geworden |
Von Jürgen A. Kraxenberger Beruflicher Werdegang Nach schulischer Ausbildung erlernte Glas das Maschinenbauerhandwerk in der väterlichen Werkstätte in der Neuhauser Straße in Pilsting. Sein beruflicher Lebensweg führte ihn weiter nach Berlin, wo er bei der Massey-Harris Comp. als Verkäufer im Außendienst tätig war, von hier wechselte der Zwanzigjährige ins Stammhaus der Massey-Harris-Comp. in Toronto/Kanada. 1914, mit 24 Jahren überraschte Hans Glas dort der Erste Weltkrieg und es gelang ihm, in die zunächst noch neutralen USA zu fliehen. Hier fand er unter anderem eine Anstellung bei der weltberühmten Landmaschinenfirma Mc Cormick Comp., als kaufmännischer Angestellter bei der Ford-Motor Comp. sowie später als Produktionsmanager bei der Indian Motor Cycle Comp. bis ihn sein Weg nach Kriegsende im Jahr 1920 wieder in das heimatliche Dingolfing führte. Hier sah Hans Glas, dass die Spuren des Krieges nicht spurlos am Unternehmen seines Vaters vorübergegangen waren. Die einst blühende Landmaschinenfabrik wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und ging in den Besitz des saarländischen Stumm-Konzerns über. Nach dem Rückzug seines Vaters aus dem Geschäft konnte Hans Glas nach und nach alle Anteile der AG wieder zurückkaufen. Um dies erreichen zu können, war dies eine schwere Zeit harter Entbehrungen und sparsamster Betriebsführung. Doch schon 1938 konnte die 100 000. Isaria-Sämaschine hergestellt werden und Glas war damals der größte Sämaschinenhersteller in Europa. Aufstieg der Firma Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg und dem Abtreten müssen der deutschen Ostgebiete an Russland und Polen, welche mal die Kornkammer Deutschlands im Wesentlichen bildeten, brach der Hauptumsatzträger – der Sämaschinenabsatz spürbar ein. Man fand eine Lösung, indem man den Motorfahrzeugbau aufnahm, zuerst mit dem Goggo-Motorroller ab Juli 1951 und ab 1955 mit dem Goggomobil, was zeitweise in den 1950-er der meistverkaufte Kleinstwagen in der bis 500 ccm-Hubraumklasse war. Über 280 000 Stück davon verließen die Dingolfinger Werkshallen. Es folgten weitere Automobile, wie Isar, 04, Glas GT und 1700 Limousine sowie das Flaggschiff der im Volksmund als „Glaserati“ bezeichnete Glas 2600 V8 beziehungsweise später als Glas/BMW 3000 V8. Der Rückblick auf Hans Glas zeigt uns, dies war ein herausragender Unternehmer und eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Er war ein Wohltäter, der nie seine Wurzeln vergaß und sich durch seine soziale Einstellung nicht nur bei seinen Mitarbeitern, sondern sich auch für das Allgemeinwohl mehr als verdient gemacht hatte. Er unterstützte zahlreiche soziale Institutionen oder auch zum Beispiel die Stadt Dingolfing beim Bau des Isar-Wald-Stadions und Schulen sowie auch Privatpersonen. Nur für den Bau der Realschule blätterte er 250.000 DM auf den Tisch der Stadt Dingolfing. Hans Glas hatte immer einen Witz auf Lager oder entgegnete oft schlagkräftig, schnell und treffend dem Gesprächspartner. Immer bescheiden geblieben Nach einer schweren Operation, die siebente in seinem Leben, reagierte er auf die vielen Feststellungen, er sehe wieder gut aus, auf seine Art: „Ich bin auch nicht im Gesicht operiert worden.“ Trotz geschäftlichen Erfolges über viele Jahrzehnte blieb er immer einfach und bescheiden, einen deftigen Schweinsbraten mit Knödel zog er einer hochdekorierten Tafel stets vor. Er war ein Chef ohne Vorzimmer, jedem und zu jeder Zeit stand die Tür offen, man konnte seine Belange und Probleme äußern und nach Möglichkeit, oft auch in finanzieller Not, wurde geholfen. Er verachtete übertriebene Aufmachung aber auch Titelsucht und reagierte oft als „Generaldirektor“ angesprochen so: „Den General haben wir im Krieg verloren, den Direktor an den Zirkus verliehen; wir arbeiten.“ Verkauf an BMW Im Jahr 1966 entschloss sich Hans Glas sicherlich zu seinem schwersten Schritt seines Lebens, in Absprache mit Sohn Andreas Glas, den Verkauf seines Lebenswerkes, der Hans Glas GmbH, an die BMW AG. Dies war wahrlich ein heroischer Entschluss mit großer Weitsicht, der die Arbeitsplätze sicherte und sogar viele weitere schuf. Dies gab der Stadt Dingolfing und der ganzen Region ein großes wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand. Die Hans Glas GmbH war einst Niederbayerns größtes Industrieunternehmen mit bis zu 4500 Beschäftigten. Der wegen seines Humors und seiner urwüchsigen Art berühmte niederbayerische Unternehmer war Ehrenbürger der Stadt Dingolfing und des Marktes Pilsting, Inhaber des Großen Verdienstkreuzes der Bundesrepublik Deutschland und des Bayerischen Verdienstordens sowie vieler weiterer hohen Auszeichnungen. Denkmäler gewidmet in Dingolfing und Pilsting Auf seinen Wunsch hin wurde Hans Glas
im Dezember 1969 im engsten Familienkreis begraben. 1990 wurde dem Ehrenbürger
Hans Glas ein Denkmal von der Stadt Dingolfing gewidmet und auch im
Industriemuseum kann man viele Exponate der Firma Glas besichtigen.
Zu seinem 125. Geburtstag von Hans Glas ließ der Unternehmer Konrad
Auwärter vor dem Pilstinger Rathaus ein Denkmal einweihen, welches
den beiden Unternehmern Gottlob Auwärter und Hans Glas gewidmet
ist sowie am Geburtshaus von Hans Glas eine Gedenktafel anbringen. Die
Erinnerung an Hans Glas und sein Lebenswerk mit den vielen interessanten
Produkten von der Sämaschine bis zum Glas V8 hält in der Region
die GFG Goggo- und Glasfahrergemeinschaft Dingolfing mit über 150
Mitgliedern am Leben. Der Glas-Club International agiert weltweit und
konnte bereits vor kurzem das 1.000. Mitglied begrüßen. Der
beeindruckende Lebensweg sowie dessen erstaunliche Lebensleistung von
Hans Glas ist nachzulesen in dem kleinen Buch „Hans Glas - Ein
niederbayerischer Industriepionier, Leben und Wirken, Anekdoten, Weisheiten
und Aussprüche“ von Jürgen A. Kraxenberger, welches
bei Skribo Wälischmiller in Dingolfing für zehn Euro käuflich
zu erwerben ist oder kann auch direkt beim Autor
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Die Büste von Hans Glas am Denkmal in Pilsting. |
Das Geburtshaus von Hans Glas in Pilsting mit angebrachter Gedenktafel. Foto: Kraxenberger |
Hans Glas mit Ehefrau Anfang der 1920er Jahre |
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