Dieser Klassiker erlaubt Autofahren pur |
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Heribert
Füchsl hat ein Automobil der Marke Glas 1700 – Davon gibt
es nur noch 100 Stück |
Heribert Füchsl
besitzt einen Glas 1700, eine Rarität. Sein Fahrzeug feiert nun seinen
50. Geburtstag. Füchsl liebt das Fahren ohne elektronischen Helfer. Foto: Schwarzmeier |
Von
Andrea Schwarzmeier Landau. Jedes Jahr reifen neue Autos zum Klassiker heran, doch nur wenige Oldtimer ragen heraus. Der Landauer Heribert Füchsl besitzt ein Automobil der Marke Glas 1700, Baujahr 1968, ein Model, das nun fünf Jahrzehnte alt wurde. Nur noch rund 100 Autos von diesem Gefährt sind weltweit auf der Straße. Deutschland im Jahr 1968: In den Wohnzimmern standen Nierentische, im Radio spielten sie Conny Froboess und die Beatles. Man trug Anzug und Krawatte und in der Garage standen schnittige Flitzer. 50 Jahre später: Der Glas-Enthusiast Heribert Füchsl besitzt eine taubenblaue, 85 PS starke 1700er Glas-Limousine, Baujahr 1968, ein rollendes Kulturgut. „Im September 1963 wurde das erste Auto der Marke Glas 1700 auf der IAA in Frankfurt ausgestellt“, weiß der Landauer Autoliebhaber zu berichten. „Der italienische Designer Pietro Frua, der ursprünglich für die Firma Borgward arbeitete, hatte ihn entwickelt.“ Nachdem Borgward insolvent ging, blieb nur der von Frua für die neue Borgward Isabella angefertigte Karosserieentwurf. „Die Firma Glas hat den Entwurf gekauft und von 1961 bis 1963 die Markenidentität umgeändert“, erzählt Heribert Füchsl. Der Glas bekam ein BMW-Emblem Mit einem Vier-Zylinder-Glas- Motor ging das Fahrzeug in Serie und konnte ab 1964 gekauft werden. „Der 1700er war der einzige Viertürer der Firma Glas“, weiß Füchsl. Die Geschichte des Autos ist eng mit der Geschichte der Dingolfinger Firma Glas verbunden. Sie präsentierte 1963 den Glas 1700 mit Startautomatik statt Choke, ausdrucksstarker Frontpartie, großen Glasflächen, Zahnriemen-Vierzylinder und neuartiger Kipphebellagerung. Das Modell Glas 1700 wurde komplett in Dingolfing gefertigt. Trotz der kreativen Nische war Glas auf Dauer nicht überlebensfähig und wurde 1967 von BMW übernommen. „BMW baute noch bis 1968 das Model Glas 1700 weiter, jedoch mit BMW-Emblem“, berichtet Füchsl weiter. In der Zeit von 1964 bis 1968 wurden etwa 14 000 Stück dieses Fahrzeuges hergestellt. Der hübsche Glas 1700 ist ein Charakter- Auto mit vielen Stärken: einem 1,7 Liter-Motor, Vier-Zylinder-Antrieb und einem wassergekühlten Motor mit Zahnriemenantrieb für die Nockenwelle. „Der Motor für den Glas 1700 hat sich aus dem Baukasten entwickelt. Der Grundmotor von Glas war ein 1000 ccm- Motor. Dieser wurde weiterentwickelt“, gibt Heribert Füchsl Auskunft. Der Glas 1700 war zur damaligen Zeit ein Auto, das vor allem von Geschäftsinhabern gefahren wurde. „Heute ist das Fahrzeug vergleichbar mit einem 7er BMW“, meint der Landauer. Füchsl hat das Gefährt im Originalzustand belassen, einzig die Gurte hat er wegen der Sicherheit nachgerüstet. Muss mal etwas repariert werden, legt Heribert Füchsl selbst Hand an. Das Know-How hat sich der Nicht- Automechaniker schon als kleiner Bub bei seinem Vater angeeignet. Wenn Füchsl Senior ein Fahrzeug in der heimischen Garage reparierte, war Sohn Heribert dabei. „So wurde ich vom Glas-Virus schon frühzeitig infiziert“, sagt der Oldtimerbesitzer. Den Rest hat er sich mit einschlägiger Literatur angeeignet. Einmal ist Heribert Füchsl auf einer Fahrt die Kopfdichtung durchgebrannt. „Wir waren damals auf dem Rückweg von Berlin. So haben meine Frau Rosi und ich immer Wasser nachgefüllt“, lacht er. Auch die Wasserpumpe war einmal defekt. Die Technik des Fahrzeuges ist überschaubar. Nachfertigungen von Ersatzteilen kann man über den Glas-Club International beziehen. „Das Wichtigste ist es, mit dem Auto heimzukommen. Irgendwie klappt das immer, denn der Glas 1700 wird nicht irgendwo stehengelassen “, meint der Oldtimer-Besitzer. So gibt es in Cham einen Ersatzteile- Stützpunkt für Autos der Marke Glas. Was Heribert und seine Frau Rosi so an den Oldtimern fasziniert? „Mit ihnen ist ein stressfreies Fahren möglich“, meint Heribert und seine Frau Rosi pflichtet ihm bei: „Das ist Autofahren in seiner pursten Ausführung.“ Es piepst nichts. Es gibt keine elektronischen Fahrhelfer, keine Parksensoren. „Man ist selbst als Fahrer gefordert. Man wird nicht von elektronischen Helfern bevormundet. Es gibt kein automatisches Fahrprogramm und keinen Spurhalteassistenten“, meint der Besitzer. „Da fährst du mit 90 Kilometern pro Stunde über die Landstraße und siehst die Landschaft an dir vorbeiziehen, der Motor schnurrt leise vor sich hin. Da fällt alle Hektik von dir ab.“ Mit einem Tank voll Super-Benzin kann er eine Strecke von rund 740 Kilometern zurücklegen. „Ich brauche etwa acht Liter für 100 Kilometer“, erzählt er. „Ich bin in den zehn Jahren, in denen ich den Wagen besitze, fast 40 000 Kilometer gefahren, meist zu Glas-Club-Treffen.“ Wie Heribert Füchsl und seine Frau Rosi in den Besitz des Oldtimers kamen? „Ich sah in der Glas- Club-Zeitung in der Dezemberausgabe 2007 ein Inserat. Ich sagte zu Bert: Das wäre ein Auto, das dir gefallen würde“, erzählt Rosi Füchsl. „Das Auto war jedoch schon verkauft. Nach einiger Zeit meldete sich der neue Besitzer und fragte an, ob wir den Glas 1700 doch noch haben wollen“, erinnert sich Rosi Füchsl. So holte das Ehepaar das Auto vor zehn Jahren aus Freising nach Landau. „Das war eine Freude wie Geburtstag und Weihnachten auf einmal.“ Für die Füchsls hat das auch mit der Verbundenheit zu ihrer Heimat zu tun. „Die Fahrzeuge der Firma Glas wurden bei uns gebaut. Dazu habe ich eine Beziehung, denn sie sind Teil unserer Heimatgeschichte“, meint der Landauer. „Es war für die Automobilindustrie ein Glücksgriff, dass BMW die Firma Glas übernommen hat. So hatte die arbeitende Bevölkerung eine Zukunft“, meint Füchsl, der sich heute mit vielen Gleichgesinnten im „Glas-Club-International“ zusammengeschlossen hat. Über 1000 Mitglieder weltweit pflegen das gleiche Hobby. Benzin künftig in der Apotheke kaufen? „In Zukunft wird die E-Mobilität kommen. Das autonome Fahren wird noch ein bisschen dauern. Ein benzingetriebenes Fahrzeug wird ein Auslaufmodell werden“, glaubt der Auto-Fan Heribert Füchsl. Ende des 19. Jahrhunderts hat es die ersten Automobile auf den Straßen gegeben. „Damals hat man das Benzin, das Lingruin geheißen hat, in homöopathischen Mengen in der Apotheke gekauft, weil es noch keine Tankstellen gab. Vielleicht wird es in Zukunft auch so sein, denn bei flächendeckender E-Mobilität könnte es sein, dass es keine herkömmlichen Tankstellen mehr gibt“, zeichnet Heribert Füchsl ein Zukunftsszenario. Das kann freilich noch etwas dauern. Bis dahin flaniert er mit seinem Glas 1700 über die Straßen und genießt die Fahrt in seinem Stück Kulturgeschichte. |
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